Militärgeschichte: Test des Sinn-Modells 158

Mit dem Modell 158 lässt Sinn eine wenig bekannte Facette seiner Geschichte wieder aufleben: den Bundeswehr-Chronographen. Wie gut schlägt sich dieser Retro-Chronograph, der in einer aufgefrischten, limitierten Auflage präsentiert wird?

Sinn ist bekannt für die Herstellung von Uhren für Polizei und Militär. Der EZM 1 beispielsweise war der erste Einsatzzeitmesser, den Sinn 1997 für Spezialeinheiten des deutschen Zolls entwickelte. Bei der Entwicklung der Taucheruhr UX, die auch von Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte der Deutschen Marine getragen wird, hatte Sinn die deutsche Spezialeinheit GSG 9 im Blick. Und der 212 KSK erfüllt die Anforderungen des Spezialkräftekommandos der Bundeswehr.

Allerdings dürften weniger Uhrenfans über die Berührungspunkte zwischen Sinn und der Bundeswehr in der Vergangenheit Bescheid wissen. In den 1980er und frühen 1990er Jahren erwarb der Firmengründer Helmut Sinn den Bestand der Bundeswehr an ausgemusterten Bundeswehrchronographen der Firma Heuer (Ref. 1550 SG). Helmut Sinn überarbeitete diese Uhren und verkaufte sie anschließend als Sinn Modell 155 Bw, mit Sinn-Schriftzug auf ihren Zifferblättern, der „Heuer/Sinn Bunderswehr-Chronograph für Piloten“ bezeichnete.

Nun würdigt Sinn diese Uhr mit dem Modell 158, unserer Testuhr, die in einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren erscheint. Der Löwenanteil des Designs dieser Uhr wurde unverändert von ihrem Vorfahren übernommen. Wer das Originalmodell kennt, wird sofort bemerken, dass die neue Uhr dem Bundeswehr-Chronographen fast wie aus dem Gesicht geschnitten ist, allerdings wurden einige Details geändert. Das Gehäuse entspricht nahezu 100 Prozent dem Original. Die Liebe zum Detail zeigt sich in der Form der Drücker, aber auch in der Krone, die zur besseren Bedienbarkeit auf eine Beschriftung verzichtet, und vor allem in der beidseitig drehbaren Lünette aus schwarz eloxiertem Aluminium, die mit ihrer Minutenskala ihrer Herkunft alle Ehre macht und in der Typografie seiner Ziffern. Zu den Familienähnlichkeiten zählen sogar Feinheiten wie die Riffelung der drehbaren Lünette, die vollständig durchbrochenen Bandanstöße und ein eher ungewöhnliches Schnappgehäuse mit vier Stellschrauben. Die perlgestrahlte Oberfläche des Gehäuses, sein Durchmesser von 43 mm, sein undurchsichtiger Metallboden und sein gewölbtes Acrylglas entsprechen ebenfalls den Vorbildern der Original-155.

Das historische Modell Sinn 155 Bw aus den 1980er Jahren entsprach den Vorgaben der Bundeswehr.
Das Zifferblatt der neuen Uhr sieht hingegen etwas anders aus als das des Vorgängers. Die Bicompax-Anordnung der Hilfszifferblätter (mit Sekunden links und verstrichenen Minuten rechts) und die Typografie der Stundenziffern entsprechen dem Original, es wurden jedoch einige Modifikationen vorgenommen. So sind beispielsweise die abgelaufenen Zeitzeiger des Chronographen rot hervorgehoben, die Zeiger haben eine modernere Form, eine Datumsanzeige wurde bei 6 Uhr hinzugefügt und eine Skala mit Schleppzeigermarkierungen in 5-Minuten-Schritten hat das Original ersetzt Skala, die jede fünfte Minute mit einer Zahl markierte. Das neue Gesicht wirkt harmonisch und folgt der charakteristischen Farbgebung von Sinn. Darüber hinaus beeinträchtigt das aktualisierte Design kaum die hervorragende Ablesbarkeit, die beim ursprünglichen Bundeswehr-Chronographen natürlich ganz oben auf der Liste der Spezifikationen stand.

Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Anforderungsliste des Militärs war die einfache Bedienung. Wie bei diesem Kaliber üblich, erfordern die Drücker vor allem beim Starten des Chronographen souveräne Kraft. Die Steuerung der Stoppuhrfunktion wird durch die authentische Form der Drücker, die auf ihrer runden Oberseite eine eher kleine Fläche bieten, nicht gerade erleichtert. Die Funktionalität wird durch die niedrig gebaute Krone mit großem Durchmesser verbessert, die – wie schon beim Vorgänger des historischen Vorbilds – ungewöhnlich weit seitlich aus dem Gehäuse herausragt und so dafür sorgt, dass sich dieser geriffelte Drücker leicht drehen und leicht nach außen ziehen lässt. Ein Sekundenstoppmechanismus stoppt die Unruh und damit auch die Zeiger: Dies ermöglicht eine komfortable, sekundengenaue Einstellung der Uhrzeit. Obwohl die bidirektional drehbare Lünette nicht in bestimmten Schritten einrastet, macht die Bedienung dennoch Freude: Sie läuft reibungslos, aber nicht so leicht, dass sie unbeabsichtigt ihre Position verschieben könnte.

Robustheit war die dritte wichtige Anforderung an das Militär. Auf den ersten Blick könnten hier die Bedienelemente Anlass zur Sorge geben. Glücklicherweise stellt sich beim genaueren Hinsehen heraus, dass die langen Drücker und die hervorstehende Krone sehr fest und spielfrei in ihren Führungen sitzen und somit einen äußerst stabilen Eindruck machen. Die flache Lünette ragt nicht über das Gehäuse hinaus, so dass auch ohne die bei Sinn häufig verwendete Technik der verschraubten und damit unverlierbaren Lünette kaum zu befürchten ist, dass sich dieser drehbare Ring irgendwo verhaken und abgehebelt werden könnte. Das Acrylglas über dem Zifferblatt widersteht Kratzern nicht so gut wie ein Saphirglas, besteht aber aus dem gleichen Material wie sein Vorgänger – und splittert zumindest nicht, wenn es einem heftigen Stoß ausgesetzt wird. Die Wasserdichtigkeit des Gehäuses bis zu einer Tiefe von 100 Metern ist für eine Fliegeruhr mehr als ausreichend.

Trotz der hohen Druckfestigkeit ist es Sinn gelungen, die Uhr recht schlank zu halten. Die 158 verfügt über ein höheres Automatikwerk als das Originalmodell mit Handaufzugskaliber, daher kann sie nicht ganz so schlank sein wie die 13 mm ihres Vorgängers, aber ihre Höhe von 15 mm und die nach außen geneigte Lünette geben es Es ist ein ausreichend niedriges Profil. Ein geschwungener Boden und Aussparungen im Mittelteil des Gehäuses tragen zusätzlich dazu bei, dass dieser Chronograph einen schlanken Eindruck hinterlässt.

Die meisten der ursprünglichen Heuer/Sinn Bundeswehr-Chronographen waren mit dem Handaufzugskaliber 230 von Valjoux mit Säulenrad und Flyback-Funktion ausgestattet. Die neue 158 setzt auf das Automatikkaliber 510 von Sellita. Kritiker behaupten, dass Sellita nur die Uhrwerke von ETA imitiert. (Ein Kopieren wäre nicht verboten, da ihr Patentschutz abgelaufen ist.) Diese Behauptung mag in den meisten Fällen zutreffen, doch Sellita hat hier mit dem Kaliber 510 etwas erreicht, was ETA mit seinem Valjoux 7750 noch nicht gelungen ist: nämlich eine symmetrische Zifferblattanordnung (Tricompax oder Bicompax) kombiniert mit einer Schnellrückstellfunktion für den Datumsmechanismus über die Krone. Das ETA Valjoux 7753 benötigt einen Korrekturknopf bei 10 und dieser zusätzliche Knopf erfordert eine zusätzliche Öffnung im Gehäuse. Wir bevorzugen die elegantere Lösung von Sellita.

Bis auf dieses Detail entspricht das Sellita-Werk seinem robusten Vorgänger mit Nockenschaltung und einseitig wirksamem Aufzugsrotor, dessen deutlich spürbarer und hörbarer Leerlauf Kenner mit empfindlichem Gehör verärgern dürfte. Auch die maximale Gangreserve von 48 Stunden entspricht der des ETA-Valjoux-Uhrwerks. Sinn ummantelt die hochwertigere Variante „Premium“ mit einer Glucydur-Unruh, dekorativer Veredelung und gebläuten Schrauben. Die authentische und daher undurchsichtige Rückseite des Gehäuses verbirgt das Uhrwerk, aber Sie sollten das Fehlen eines transparenten Gehäusebodens nicht beklagen, da das Konzept und das Kaliber dieser Uhr so entwickelt wurden, dass die Funktionalität im Vordergrund steht.

Die deutsche Luftwaffe legte fest, dass die Uhr bei laufendem Chronographenwerk nicht mehr als 10 Sekunden pro Tag von der perfekten Zeitanzeige abweichen darf. Unsere Witschi-Zeitmessmaschine bestätigte, dass die zeitgenössische 158 die Zeit deutlich genauer misst. Bei ausgeschalteter Stoppuhrfunktion hielt es nahezu die perfekte Zeit und legte durchschnittlich weniger als 1 Sekunde pro Tag zu. Und bei eingeschaltetem Chronographenmechanismus verzeichnete der Gang einen akzeptablen Tagesverlust von 4 Sekunden. Der Unterschied von 10 bzw. 12 Sekunden zwischen den verschiedenen Positionen führt jedoch nach unserem strengen Bewertungsschema dazu, dass wir ihm in dieser Kategorie eine sehr hohe Bewertung verweigern müssen.

Für die deutschen Soldaten, die das Originalmodell trugen, war diese Uhr ein reines Funktionsinstrument, eine echte Werkzeuguhr. Die Feinheiten der Verarbeitung spielten eine untergeordnete Rolle, solange sie die Haltbarkeit der Uhr nicht beeinträchtigten. Bei einer Uhr, die von Zivilisten getragen wird, sieht das natürlich anders aus. Bemerkenswert ist, dass Sinn viel Wert auf die Qualität der Verarbeitung von Gehäuse, Zifferblatt und Zeigern gelegt hat. Auch das gealterte Lederarmband mit roten Ziernähten fügt sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Nur die einfache handelsübliche Schnalle mit gebogenem (statt gefrästem) Stift erinnert uns daran, dass Riemen und Verschlüsse früher Verschleißteile waren und ausgetauscht werden mussten.

Der Preis für die Sinn 158 beträgt 2.660 US-Dollar, was angemessen erscheint, wenn man bedenkt, dass sie in einer limitierten Auflage von 500 Stück auf den Markt kommt. Andere Sinn-Modelle (z. B. die 103 St Acrylic on Strap zum Preis von 1.890 US-Dollar) sind günstigere Alternativen für Träger, die ausschließlich an Funktionalität interessiert sind. Aber im Vergleich zu anderen Marken und angesichts der spannenden Geschichte und des gelungenen Designs halten wir es für lohnenswert, die Reserven aufzurufen und die Sinn 158 in den aktiven Dienst zu schicken.

TECHNISCHE DATEN:
Hersteller: Sinn Spezialuhren GmbH, Wilhelm-Fay-Straße 21, 65936 Frankfurt am Main, Deutschland
Referenznummer: 158.010
Funktionen: Zentrale Stunden- und Minutenanzeige, Sekunde auf einem Hilfszifferblatt, Datumsanzeige, Chronograph mit zentralem Sekundenzeiger und Zähler für bis zu 30 verstrichene Minuten
Uhrwerk: Sellita 510 „Premium“, Automatik, 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, 27 Steine, Sekundenstoppfunktion, Schnellrückstellfunktion für die Datumsanzeige, Incabloc-Stoßdämpfung, Feinregulierung über Index, Glucydur-Unruh, 48 Stunden Gangreserve, Durchmesser = 30 mm, Höhe = 7,9 mm
Gehäuse: Edelstahlgehäuse, gewölbtes Acrylglas über dem Zifferblatt, schraubenlose Krone, vier Schrauben halten das aufsteckbare Gehäuse an Ort und Stelle, Gehäuseboden aus Edelstahl, druckfest bis 100 m und gegen Unterdruck gesichert
Armband und Schließe: Rindslederarmband mit Dornschließe aus Edelstahl
Gangergebnisse (Abweichung in Sekunden pro 24 Stunden, bei ein-/ausgeschaltetem Chronographen):
Wählen Sie +3 / 0
Wählen Sie +5 / +1
Krone nach oben -3 / -11
Krone nach unten +1 / -3
Krone links +4 / -6
Krone rechts -5 / -7
Größte Abweichung 10 / 12
Durchschnittliche Abweichung +0,8 / -4,3
Durchschnittliche Amplitude:
Flache Positionen 292° / 269°
Hängepositionen 264° / 232°
Abmessungen: Durchmesser = 43 mm, Höhe = 15,15 mm, Gewicht = 110 Gramm
Limitierte Auflage von 500 Stück
Preis: 2.660 $

ERGEBNISSE:
Armband und Schließe (max. 10 Punkte): Schönes gealtertes Lederarmband mit roten Ziernähten; einfache Schnalle 7
Bedienung (5): Die Krone lässt sich leicht bedienen und löst auch eine Schnellrückstellfunktion für das Datum aus, allerdings ist zum Betätigen des Startknopfes des Chronographen mehr als nur ein wenig Kraft erforderlich. 4
Gehäuse (10): Das gut verarbeitete Gehäuse ist gegen Unterdruck gesichert und hält auch Hochdruck bis 10 bar stand; Der Acrylkristall ist ein authentisches Retro-Detail, aber er ist nicht kratzfest. 8
Design (15): Ein sehr schöner Klassiker mit geschmackvollen neuen Farbakzenten 14
Ablesbarkeit (5): Die Uhrzeit lässt sich sowohl bei Tag als auch bei Nacht sehr schnell ablesen, allerdings bieten die Stundenzeiger ohne Leuchtbeschichtung weniger Kontrast. 4
Tragekomfort (10): Durch das geschmeidige Rindslederarmband liegt diese Uhr sehr angenehm am Handgelenk. 10
Uhrwerk (20): Sinn ergänzt die Spitzenqualität durch attraktive dekorative Veredelungen
„Premium“-Variante des robusten Kalibers von Sellita. 13
Bewertungsergebnisse (10): Der durchschnittliche Gewinn ist sehr gering, der maximale Unterschied zwischen den verschiedenen Positionen ist jedoch recht groß. Beim Einschalten des Chronographen wandert die Zeitmessung in die Verlustspalte. 7
Gesamtwert (15): Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und die limitierte Auflage dürften den Werterhalt erhöhen. 13
Gesamt: 80 PUNKTE

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